Letzte Aktualisierung: 08. Mai 2006
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Heber

von Erich Bosselmann

Heber ist ein sehr altes Siedlungsgebiet und liegt am Südwestrand des Naturschutzparks Lüneburger Heide. Es wurden Steingeräte gefunden, die aus der jüngeren Steinzeit stammen, also zwischen 4.000 bis 2.000 v. Chr. Einige dieser Steingeräte sind im Heimatmuseum in Wilsede ausgestellt.
Urkundlich wird Heber erstmals 1123 als Hathebere erwähnt. Der Name bedeutet Heidesiedlung an einem Hang. Im 16. Jahrhundert gab es zwei Namensformen: Hedebere und Hedheber.
Das alte Dorf lag westlich der Böhme. Nur der Hof Heuer liegt seit alter Zeit auf der östlichen Seite. Er hieß deshalb Awaternhof. Awatern heißt jenseits des Wassers. Zu der Zeit war die Böhme noch nicht begradigt und floss in Schlangenlinien durch ein Sumpfgebiet.
Rings um Heber liegen zehn kleine Ortschaften, die zur Gemeinde gehören: Pietz, Möhr, Bockheber, Wulfsberg, Tütsberg, Benninghöfen, ScharrI, Langwedel, Hillern und Surbostel. Flächenmäßig war Heber mit über 5.000 Hektar die größte Gemeinde im Kreis Soltau und eine der größten Gemeinden Niedersachsens. Heber gehörte bis 1648 zum Bistum Verden, war von 1648 bis 1719 schwedisch und kam dann zum Königreich Hannover. Von 1806 bis 1813 gehörte Heber zum Kaiserreich Frankreich. Östlich der Böhme, die damals die Grenze bildete, lag das Königreich Westfalen. 1813 kam Heber wieder zum Königreich Hannover und gehörte bis 1856 zum Regierungsbezirk Stade und von da an zum Regierungsbezirk Lüneburg, mit dem es 1866 preußisch wurde. Nach dem 2. Weltkrieg war Niedersachsen von 1945 - 1949 britische Besatzungszone. 1974 verlor Heber bei der Gemeinde- und Gebietsreform seine Selbständigkeit und wurde von Schneverdingen eingemeindet.
Heber lag im Mittelalter an keiner Heerstraße. Die damalige Handelsstraße führte von Soltau über ScharrI in Richtung des Handorfer Weges. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die heutige Bundesstraße 3 gebaut. Man hört fälschlicherweise noch oft, dass diese Straße von Napoleon gebaut wurde, aber es war lange vor seiner Zeit.
1839 bekam die Straße eine große Bedeutung: Eine Postkutschenlinie nahm ihren Betrieb auf. In Heber wurde auf dem Hof Wiechern eine Posthalterstation eingerichtet. Auf dem Posthof standen ständig zwanzig Pferde, die hier gewechselt wurden. In der Wartezeit konnten sich die Fahrgäste in der Gaststube des Posthofes erholen. Es gab Korn aus der eigenen Brennerei und Kleinigkeiten zum Essen. Für Übernachtungen standen einige Zimmer oder auch der Heuboden zur Verfügung. Die von den Postkutschen mitgebrachte Post trugen Heberer Postboten aus. Zu ihrem Bezirk gehörten auch Schneverdingen und Bispingen. Am 1. Mai 1847 wurde die Eisenbahnlinie von Hamburg nach Hannover eröffnet. Damit war schlagartig der große Postkutschenverkehr vorbei. Es blieb nur eine zweispännige Kutsche. Außerdem fuhren noch die Pulverwagen aus Bomlitz, die auf dem Posthof ausspannen mussten.
Um 1900 war die Hauptbeschäftigung der Einwohner von Heber Ackerbau und Viehzucht. Daneben gab es auf dem Posthof eine Brennerei und eine Ziegelei. Die Ziegelei war so bedeutend, dass sie die Steine zum Bau einer hannoverschen Kaserne in Celle lieferte. Eine zweite Ziegelei befand sich auf dem Hof Möhr. Auch eine Senfmühle gab es in Heber. Sie befand sich auf dem Grundstück Heise, westlich neben der Kirche. Im Garten stand das Senfhaus, ein Fachwerkhaus mit Strohdach. Seine Erzeugnisse vertrieb der Besitzer mit Pferd und Wagen über Lüneburg hinaus in das Wendland. Eine größere Bedeutung hatte auch die Mühle von Heber. Zuerst war es eine Wassermühle im Tal der oberen Böhme zwischen Möhr und Heber am Hambosteler Weg. Sie ging ein, weil die Böhme zu wenig Wasser führte. Der Müller musste einen ganzen Tag stauen, um zwei Stunden mahlen zu können. Im Jahre 1825 wurde die Windmühle an der Straße nach Hemsen gebaut. 1925 brannte die mit Stroh gedeckte Mühle ab. Sie wurde wieder aufgebaut, aber schon 1928 durch einen Sturm zerstört.
1866 sind mehrere Familien aus Heber nach Amerika ausgewandert. Dadurch sank die Bevölkerungszahl auf 650 Einwohner. Die Zahl stieg wieder an, als 1903 an der Harburger Straße mehrere Anbauerstellen verkauft und bebaut wurden. Die Grundstücke stammten von dem Hof des Dr. phil. W. Broocks. Dr. Broocks war unverheiratet und da testamentarisch kein bestimmter Erbe festgesetzt war, ließen die Erben den hochverschuldeten Hof verkaufen.
Der Hof Baden (Seehorst) musste während des Ersten Weltkrieges wegen Überschuldung verkauft werden. Es kaufte ihn zuerst der Wunderdoktor Ast aus Radbruch, der den Hof aber bald danach an den Altonaer Großkornhändler Warncke weiterverkaufte. Als der Betrieb wegen großer Verluste in Konkurs geriet, kam der Hof in die Hände des Landwirts Baudorff. 1930 musste dieser Hof wegen Überschuldung wieder verkauft werden. Den Stammhof erwarb der Bauer Cordes aus Scheeßel. Auf den Ländereien östlich des Hofes entstanden drei Siedlungen: Brunkhorst, Köster und Vajen. Ein Haus in der Nähe des Hofes mit einigen Morgen Land erwarb der Maurer Otto Meyer.
Im Jahre 1929 wurden am Wege nach Surbostel vom Ruschmeyerschen Hof sechs Siedlungshäuser mit 40 bis 60 Morgen Land abgezweigt. Durch sein leicht sinniges Leben hatte der damalige Besitzer seinen Vollhof innerhalb von zwei Jahren bis an die Wurzeln ruiniert. Weiter wurde damals von diesem Hof die Anbauerstelle Schröder (Kloster) verkauft. Ebenfalls erwarb der Kreis mehrere hundert Morgen Wald und Heide und errichtete darauf die unter Kreissiedlung bekannten zwei Waldarbeiterhäuser. Der jüngste Bruder des Besitzers, Paul Ruschmeyer, erwarb den Resthof. Mit viel Mühe und großem Fleiß ist es ihm gelungen, seiner Familie den Stammhof zu erhalten.
Als drittes Anwesen geriet der Reithof unter dem Hammer. Er befand sich im Besitz des Landwirts Stolle. Danach wurde er Eigentum der Familie Delfenthal.
Seit 1714 gibt es in Heber eine Schule. Sie befand sich in der Lindenstraße (Renken) und hatte eine Balkeninschrift mit den Worten; "Herr, lass die reine Lehr von uns weichen nimmermehr". Im Jahre 1791 ist sie vergrößert worden und hatte zu der Zeit 70 bis 80 Schüler. 1850 wurde ein neues Schulhaus an der Dorfstraße gebaut. Sie hatte zwei Klassenräume, so dass auch zwei Lehrer beschäftigt wurden. Die Schülerzahl war bis dahin auf über 150 gestiegen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf dem Schulhof eine Baracke mit einem dritten Klassenraum errichtet, da durch die vielen Flüchtlinge die Kinderzahl bedeutend gestiegen war. Der erste namentlich erwähnte Lehrer hieß Inselmann. Er starb 1725 und nun unterrichteten hier nacheinander Großvater, Vater und Sohn der Familie Broocks 113 Jahre lang bis 1888. Die Schule in Heber wurde zum Schuljahresende 1978 aufgelöst. Danach mussten auch die Grundschüler, wie schon zuvor die älteren Schüler, nach Schneverdingen zum Unterricht. Das Gebäude wird seitdem als Spielkreis genutzt.
Um 1900 wurden viele Heideflächen aufgeforstet, weil die Holzpreise durch den großen Bedarf an Grubenholz stark angestiegen waren. Auch die Ländereien wurden teuer: 1908 wurde der Hof Tütsberg für 45.000 Mark verkauft. 1928 erwarb ihn der Naturschutzpark für 150.000 Mark.
Im Jahre 1923 wurde an der Harburger Straße ein Kriegerdenkmal für die Gefallenen und Vermissten des 1. Weltkrieges 1914/18 errichtet. 1952 fügte man zwei Flügel für die Gefallenen des 2. Weltkrieges 1939/45 an. 1934 wurde von Arbeitslosen des hiesigen Raumes und aus Bremen eine Badeanstalt gebaut. Der anliegende Zeltplatz wurde als eine der ersten deutschen Plätze im internationalen Campingverzeichnis geführt.
Schon viele Jahre hatte der Gemeinderat die Absicht, in Heber einen Friedhof anzulegen. Man dachte an den Kauf des Mühlenberges, (Böhmetal), der dann aber von privater Seite gekauft wurde. Der Landwirt Friedrich Meyer bot der Gemeinde ein Grundstück beim Kabenbusch an, mit der Bedingung, dafür ein Wiesengrundstück zu bekommen. Durch den Kauf einer Wiese vor dem Schulmoor, das der Schulgemeinde gehörte, konnte der Grundstückstausch durchgeführt werden. 1954 wurde der Friedhof eingeweiht. Ein großer Findling steht in der Mitte des Friedhofes zur Erinnerung an die Gefallenen der beiden Weltkriege. Am 5. Mai 1956 wurde ein jahrzehntelanger Wunsch vieler Heberer Einwohner Wirklichkeit: Die Grundsteinlegung einer eigenen Kirche. Das Grundstück wurde von Hermann Wiechern kostenlos zur Verfügung gestellt. Das Gebäude kostete 100.000 DM und wurde finanziert mit 80.000 DM durch die Gemeinde Heber und mit 20.000 DM durch das Landeskirchenamt Hannover. Die Glocken wurden durch Spenden aus der Bevölkerung beschafft. Nach der feierlichen Einholung der Glocken am 29. November wurde die Kirche am 16. Dezember 1956 eingeweiht.



Sulingen, im Sommer 1993 Erich Bosselmann